Bärstadt träumt beim Lindenfest den „Böhmischen Traum“

Bärstadt träumt beim Lindenfest den „Böhmischen Traum“

In Schlangenbad-Bärstadt findet traditionell am zweiten Wochenende im Juli das Lindenfest statt – entspannt genießen die Bärstadterinnen und Bärstadter rund um die wunderbare Tanzlinde kulinarische und kulturelle Höhepunkte. Auch in diesem Jahr war es wieder soweit: am 12. und 13. Juli, und damit bei bestem Sommerwetter, fanden sich viele vergnügte Menschen auf dem Platz zwischen Tanzlinde und Kirche ein, um gemeinsam zu feiern.

In diesem Jahr aber ganz neu dabei: die Wiesbadener Taunusmusikanten. Fest schon fester Programmpunkt bei der Bärstadter Kerb sollten sie in diesem Jahr auch am Lindenfest für ausgelassene Stimmung sorgen.

Im Schatten der Tanzlinde und eines großen weißen Pavillons nahmen die knapp 30 Musikerinnen und Musiker gegen 12 Uhr Platz, um pünktlich ab 12.30 Uhr für gute drei Stunden aufzuspielen. Das vielseitige Repertoire des Musikvereins vereint schnell das bunt gemischte Publikum. Rock, Pop, Dixie und Swing, aber auch Märsche und Polkas gehören dazu. Harmonische Töne und schwungvolle Melodien schweben über den Platz zu den Gästen, zum Flammkuchenstand und die Gasse hinunter bis zum Kaffee- und Kuchen-Angebot. Schnipsende Finger, wippende Füße und fröhlicher Applaus sind der Lohn der Musikerinnen und Musiker, die sich selbst mit vielen Lieblingsliedern belohnen. Ohne eine Zugabe wurde das Orchester dann auch nicht entlassen: auf vielfachen Wunsch sollte noch einmal der „Böhmische Traum“ erklingen – zur Freude der vielen Zuhörerinnen und Zuhörer und über alle Altersgrenzen hinweg. Wieder einmal zeigt es sich: Musik verbindet!

Nach über drei Stunden packten die Musikerinnen und Musiker die Instrumente und Notenständer ein – aber nur, um sie in Erbenheim gleich wieder auszupacken: Wenn ein passives Mitglied 90 Jahre alt wird, dann ist ein kleines Ständchen auf der Wiese unter dem Balkon selbstverständlich! Für große Begeisterung sorgte das Orchester beim Jubilar, der sich über die Musik mehr freute als über sein Geburtstagsbuffet.

Nun geht es für die Wiesbadener Taunusmusikanten in eine kleine Sommer-Auftrittspause, bevor es mit den Kerben im September weitergeht. Aber Langeweile kommt garantiert nicht auf, denn eine Probenpause gibt es nicht – findet doch am 25. Oktober in der Wallauer Kirche das große Jubiläumskonzert statt, für das weiter fleißig geübt wird. 50 Jahre Wiesbadener Taunusmusikanten: wenn das kein Grund zum Feiern ist! TWC/MaPa

 

BONUS: Kurzgeschichte aus dem Nähkästchen bzw. aus dem Instrumentenkoffer einer Taunusmusikantin

Der Auftrittstermin steht. Es sollen drei Stunden gespielt werden. Große Teile des Repertoires. Es gibt Proben. Es ist noch Zeit. Üben. Proben, Üben. Für alle Beteiligten ein gewohntes Procedere. Die Notentasche und der Koffer mit dem Instrument gehen natürlich immer mit, sind stets dabei. „Ein gutes Gefühl, gebraucht zu werden,“ tuscheln sich die beiden Aufbewahrungsstücke zu. Der Auftrittstag naht.

Drei Tage vorher beginnt ein Countdown: Alle benötigten Kleidungsstücke gewaschen, gebügelt? Bereitlegen. Auch den Hut. Instrumentenkoffer begrüßt weitere wichtige Kollegen: weißes Hemd, Hose, Hut. Sie sitzen brav gefaltet dabei.

Zwei Tage vorher: Adresse heraussuchen, wo der Auftritt ist, Wegbeschreibung finden, Uhrzeit für die Abfahrt. Kleiner Reminder. Es raschelt: Ein Zettel mit solcher Info wird auf mir, dem Instrumentenkoffer, abgelegt. Das Handy klingt so aktiv: WhatsApp oder SMS? – Eventuell werden Mitfahrgelegenheiten organisiert.

Im Notenordner raschelt es erneut. Es werden wohl Musikstücke durchgesehen- ist alles komplett? Instrumentenkoffer wird geöffnet. Das Instrument entnommen, aufgebaut: es klingt- na endlich! Wir Taschen und Koffer hören den Probedurchlauf für alle vermutlich zu spielenden Stücke; ein Stift kratzt, offenbar werden noch Notizen zu einigen Stellen hinzugefügt.

Ein Tag vorher: Die schwierigen Stellen werden erneut gespielt. Hörbar sind letzte Übungen und Vorbereitungen. Oh, jetzt werden wir vollgepackt: Notenblätter, Krimskrams, Marschgabel, Wäscheklammern zum Festhalten der Noten (sofern Wind käme), Magnete und auf jeden Fall ein Bleistift, sollte es Änderungen zu notieren geben. Da kommt einiges zusammen. Wir sind prall gefüllt. Das liebe Instrument muss auch noch in den Koffer. Klapp. Zum zusammengefalteten Notenständer gesellt sich der Instrumentenständer in eine gemeinsame Hülle, daneben findet sich Instrumentenkoffer ein, der darf schließlich nicht vergessen werden. Die schwere Notentasche mit allem Drum und Drin schmiegt sich etwas schräg an die anderen Gepäckstücke an. Flap. Der Hut- wird draufgelegt. Da steht nun das musikalische Ensemble der Auftrittszutaten und wartet etwas aufgeregt.

Am Auftrittstag: Wir sind nervös. Aufpassen, es soll nichts schief gehen oder vergessen oder liegen gelassen werden. Wir Taschen stehen vereint zusammen. Das Handy lädt noch und erlaubt dabei doch einen Blick in den „Konzertmeister“, die kluge Vereinsapp, zur Vergewisserung: Stimmen alle Informationen, war alles korrekt übernommen? Wir Gepäckstücke raunen es der Taunusmusikantin zu: Du hast alles dabei. Nur noch die Schuhe. Fupp. Die richtigen (schwarzen) Schuhe, dazugestellt. Wir ermahnen den Blick der Musikantin auf die Uhrzeit. Zeitige Anfahrt, Auftrittsort suchen. Sehr aufgeregt.

Instrumentenkoffer wird geschlossen. Klick- Klick. Reißverschluss der Notenständertasche: ssst! Und zu. Wir Gepäckstücke werden geschultert. Es folgt ein aufgeregter Transport – zum Ort. Gemurmel. Geklapper. Töne. Wir sind da. Alle anderen Gepäckstücke ebenso, auch Tuba-Koffer, Trommeln und Querflötentaschen. Hurra. Instrumentenkoffer wird geöffnet. Das Instrument darf hinaus. Es sitzt etwas ungeduldig auf dem Instrumentenhalter. Der Notenständer wird entfaltet. Eine komplexe Geschicklichkeitsübung zwischen all den anderen Utensilien. Wieder Geraschel. Notenblätter aus glänzenden Klarsichtfolien werden angeklemmt. Und dann: Folgt der erste Stimmton. Tuuuuuuuut!

Wie schade, wenn nach dem Konzert der Koffer wieder zu klappt.